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Reinhard Mey - Kaspar Hauser 1981

2015-10-21 48 Dailymotion

Reinhard Mey - Kaspar Hauser 1981 <br /> <br />Original von 1969 <br /> <br />Sie sagten, er käme von Nürnberg her und er spräche kein Wort. <br />Auf dem Marktplatz standen sie um ihn her und begafften ihn dort. <br />Die einen raunten: „Er ist ein Tier“, <br />Die andern fragten: „Was will der hier?“ <br />Und dass er sich doch zum Teufel scher‘. <br />„So jagt ihn doch fort, – so jagt ihn doch fort!“ – <br /> <br />Sein Haar in Strähnen und wirre, sein Gang war gebeugt. <br />„Kein Zweifel, dieser Irre ward vom Teufel gezeugt.“ <br />Der Pfarrer reichte ihm einen Krug <br />Voll Milch, er sog in einem Zug. <br />„Er trinkt nicht vom Geschirre, den hat die Wölfin gesäugt!“ <br /> <br />Mein Vater, der in uns‘rem Orte Schulmeister war, <br />Trat vor ihn hin, trotz böser Worte rings aus der Schar; <br />Er sprach zu ihm ganz ruhig, und <br />Der Stumme öffnete den Mund <br />Und stammelte die Worte: „Heisse Kaspar“. <br /> <br />Mein Vater brachte ihn ins Haus, „Heisse Kaspar!“ <br />Meine Mutter wusch seine Kleider aus und schnitt ihm das Haar. <br />Sprechen lehrte mein Vater ihn, <br />Lesen und schreiben, und es schien, <br />Was man ihn lehrte, sog er in sich auf – wie gierig er war! <br /> <br />Zur Schule gehörte derzeit noch das Üttinger Feld, <br />Kaspar und ich pflügten zu zweit, bald war alles bestellt; <br />Wir hegten, pflegten jeden Keim, <br />Brachten im Herbst die Ernte ein, <br />Von den Leuten vermaledeit, von deren Hunden verbellt. <br /> <br />Ein Wintertag, der Schnee lag frisch, es war Januar. <br />Meine Mutter rief uns: „Kommt zu Tisch, das Essen ist gar!“ <br />Mein Vater sagte: „... Appetit“, <br />Ich wartete auf Kaspars Schritt, <br />Mein Vater fragte mürrisch: „Wo bleibt Kaspar?“ <br /> <br />Wir suchten, und wir fanden ihn auf dem Pfad bei dem Feld. <br />Der Neuschnee wehte über ihn, sein Gesicht war entstellt, <br />Die Augen angstvoll aufgerissen, <br />Sein Hemd war blutig und zerrissen. <br />Erstochen hatten sie ihn, dort am Üttinger Feld! <br /> <br />Der Polizeirat aus der Stadt füllte ein Formular. <br />„Gott nehm‘ ihn hin in seiner Gnad“, sagte der Herr Vikar. <br />Das Üttinger Feld liegt lang schon brach, <br />Nur manchmal bell‘n mir noch die Hunde nach, <br />Dann streu‘ ich ein paar Blumen auf den Pfad, für Kaspar.

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